Das alte Laußnitz - von Traugott Freudenberg

Laußnitz geschichtlich - der Zeitstrahl

Das königliche Kammergut zu Laußnitz

Jahrhunderte hindurch war Laußnitz der Sitz eines mächtigen Burgherrn, zu dessen Herrschaft nicht nur Laußnitz, sondern auch Gräfenhain, Höckendorf und Okrilla und die große umfangreiche Laußnitzer Haide gehörte.

 

Jahrhunderte hindurch war Laußnitz sodann Sitz eines kurfürstlichen Amtes, welches Laußnitz, Gräfenhain, Höckendorf und Okrilla umfasste, und hier in Laußnitz war das kurfürstliche, zuletzt königliche Kammergut, in dessen hohem majestätischen Jagdschlosse die alten Kurfürsten und Könige Sachsens nach vollbrachter Jagd in der Laußnitzer Haide oft und gern verweilten.

 

Wer hätte nicht von der Laußnitzer Haide gehört, die in allen Landkarten von Sachsen verzeichnet, und in allen Geographien von Sachsen beschrieben ist? Und wo wäre wohl ein Haus in Laußnitz, Gräfenhain, Höckendorf und Okrilla, wo nicht noch alte Kaufsurkunden lägen, die von dem Justizamt Laußnitz unterschrieben und untersiegelt sind.

Die Siedlung Luseniz

Der Name Laußnitz, urkundlich zu der Luseniz, zeigt schon das hohe Alter dieses Ortes an, welcher vor 1300 Jahren von den Wenden, die sich selbst aber Serben nannten, nach dem Jahre 550 nach Christi Geburt hier angelegt wurde, nachdem die deutschen Hermunduren, die erst hier gewohnt hatten, weiter nach Westen gezogen waren, und deren verlassenes Land die Wenden oder Serben in Besitz nahmen.

 

Die Wenden fanden hier ein nasses quellenreiches Wiesenthal, in welches der wendische Pan (d.h. Herr) sich eine Burg erbaute und unterhalb derselben wurden Hütten für seine Colonisten errichtet. Man nannte diese Ansiedelung Luseniz (ausgesprochen Luhscheniz).

Die Läusewiesen

Der Name der Wiesen zwischen Laußnitz und Gräfenhain ist lustig und verhunzt zugleich. Diese Wiesen heißen jetzt abscheuerlicher Weise Läusewiesen. Aber sie heißen eigentlich Lissa-Wiesen, d.h. Waldwiesen. Vor Alters war nämlich hier ein Gemeindewald, in welchen, weil er nass war und hier viel Gras wuchs, das Gemeindevieh getrieben wurde.

 

In der wendischen Sprache wird der Wald Lies genannt. Und als man in späteren Zeiten den Wald ausrottete und Wiesen hier anlegte, nannte man diese Wiesen die Lies- oder Lissawiesen.

Die Burg und ihre 16 Bauerngüter

Der Teich mit dem Gemeindeplatz

Das alte Lusenitz bestand bloß aus dem Burghofe, der ringsum von Teichen umgeben war und bis an die Straße reichte. Unter der Straße war das Dorf, welches zur Burg gehörte und bloß aus 16 Bauerngütern bestand. Es gab anfänglich in Laußnitz keine Gärtner und keine Häusler. Das Dorf bestand aus zwei Reihen von Bauernhöfen: in jeder Reihe waren 8 Höfe. In der Mitte war ein Teich und ein großer freier Gemeindeplatz.

Ein heidnischer Ort

Urnen mit Asche und Menschenknochen

Von der Gründung des Dorfes an durch die Wenden nach dem Jahre 550 blieb nun Lusenitz oder Laußnitz mehrere Jahrhunderte hindurch ein wendischer und heidnischer Ort. Die Toten wurden nach wendischer und heidnischer Sitte verbrannt und ihre Asche in Aschekrüge oder Urnen gethan, welche dann mit einem Deckel fest zugedeckt und dann auf dem Friedhofe nur etwa anderthalb Ellen tief eingegraben wurden.

 

Der Friedhof für Laußnitz war neben den alten Lärchenbäumen an der Schneise 18, da wo die Haide und der sogenannte Spieß angeht, auf dem Felde der Witwe des Tischlermeisters Richter. Denn als vor einigen Jahren die Eisenbahn von Laußnitz nach Okrilla gebaut wurde, fand man, als man die Graben auf beiden Seiten der Eisenbahn ausschaufelte, auf dem Felde der Frau Richter neben den Lärchenbäumen mehrer Urnen mit Asche und gebrannten Menschenknochen gefüllt. Die besten Urnen schickte man nach Dresden.

1289 zum ersten Mal erwähnt

Die Festung Laußnitz

Gar viele Jahrhunderte vergingen, ehe aus dem wendischen und heidnischen Lusenitz das deutsche und christliche Laußnitz wurde. Urkundliche wird Lußnitz oder Laußnitz erst im Jahre 1289 zum ersten Male erwähnt. In einer vom 6. Februar 1289 datierten Verkaufsurkunde heißt es: Markgraf Friedrich übergibt dem König Wenzel Stadt und Schloß Dresden, Stadt und Schloß Pirna, Schloß Dohna samt Zubehör, die Stadt Dippoldiswalde, Schloß Tharandt mit den Waldungen, Schloß Frauenstein, Schloß Lauenstein, die Stadt Hain, die Stadt Radeburg, die Feste Lußnitz, die Stadt Radeberg usw.

 

Laußnitz war also im Jahre 1289 eine sogenannte Feste, d.h. eine feste Burg, die von Mauern, Wallgraben und tiefen Teichen umgeben war, so dass sie nicht leicht erobert werden konnte, zumal in jener Zeit, wo es noch keine Kanonen und Flinten gab, weil damals das Schießpulver noch nicht erfunden war.

Vater August

Herr Otto von Pflugk besaß die Herrschaft Laußnitz. Da dieser aber auch die noch größere und bessere Herrschaft Strehla an der Elbe besaß und gewöhnlich dort wohnte, verkauft er die große Laußnitzer Haide für 16000 Gulden an den Kurfürsten August von Sachsen (genannt Vater August).

 

Dadurch wurde nun diese Haide Staatseigenthum. Diese Laußnitzer Haide war damals eine Quadratmeile groß. Sie erstreckte sich von Laußnitz bis an das alte R bei Großdittmannsdorf, und von der Sandfurtbrücke bei Lomnitz bis an die alte Straße unterhalb des Walperberges. Sie wird gegenwärtig in 3 Reviere, nämlich in das Laußnitzer, Okrillaer und Würschnitzer Revier eingetheilt, und ist durch den Ankauf der Berbisdorfer, Bodener, Glauschnitzer und Sackaer Rittergutswaldungen noch vergrößert worden. Sie enthält so herrliche majestätische Bäume, wie keine andere Haide in der Umgegend aufzuweisen hat.

Berg der Walpurga

Im Jahre 1349 erkaufte der Probst des Klosters zum Hayn (das ist Großenhain) die Burg zu der Luseniz. Damals gehörte zu dieser Burg: Grafenhayn, Heckendorff, Okrul, Jahnsdorff, Nicklasdorff und Gumprechtsdorff.

 

Höchstwahrscheinlich hat dieser geistliche Besitz von Laußnitz, der Großenhainer Klosterprobst, auf dem Berge, an dessen Fuße Laußnitz liegt, der heiligen Walpurga zu Ehren, eine Kapelle erbaut, von dessen Grundmauern noch geringe Überreste vorhanden sind. Seit dieser Zeit heißt der Berg der Walpurga - oder kurzweg verstümmelt Walperberg. So wird er auf den alten Karten geschrieben.

Herr Pfarrer Johannes Großmann

Sodann verkaufte August das Rittergut Laußnitz mit Zubehör an den Herrn Oswald von Karlowitz. Dieser wollte im Jahre 1575 auf seinem Vorwerke in Höckendorf - welches jetzt Freigut genannt wird - einen Teich anlegen. Er mußte deswegen mit dem wohlwürdigen Herrn Pfarrer Johannes Großmann in Höckendorf einen Grundstückstausch vornehmen, wobei er den Pfarrer reichlich vergnüget hat. Er starb 1579, und wurde in der Kirche zu Höckendorf neben dem Altare begraben. Dort sieht man heute noch neben dem Altare seinen in die Kirchenwand eingemauerten Grabstein, der ihn in seiner Ritterrüstung darstellt, mit der Umschrift - der edle gestrenge und ehrenfeste Herr Oswald von Karlowitz auf Laußnitz. Dem Gott gnade.

 

Nach dem Tode des Herrn Karlowitz übernahm seine Witwe Magdalena von Karlowitz das Rittergut Laußnitz, bis sie es im Jahre 1592 an den Herrn Paul Gröbel auf Rödern verkaufte. Dieser überließ das Rittergut Laußnitz im Jahre 1594 seinem Sohne Heinrich Gröbel. Unter Gröbels Herrschaft entstanden in Laußnitz 8 Gärtnerwirtschaften und 3 Häuslerwohnungen, so dass das Dorf im Jahre 1604 aus 27 Wohnhäusern bestand, nämlich 16 Bauergüter, 8 Gärtnerwirtschaften und 3 Häuslernahrungen. Alle diese Häuser waren im Niederdorfe, ein Oberdorf gabs damals nicht. Die drei Häuslerwirtschaften lagen zwischen der Großenhainer und der alten Königsbrücker Straße, nämlich Mühlbergs, Otto Richters und Doltzens Haus. Das Hüfner-Richtersche Haus war damals noch nicht erbaut.

Der Kurfürst von Sachsen

27 Hausnummern in Laußnitz

Im November 1604 verkaufte Heinrich Gröbel das ganze Rittergut Laußnitz mit den Vorwerken in Gräfenhain und Höckendorf an den Kurfürsten von Sachsen, Christian 11., der es aber gleich seinem jagdlustigen Bruder Johann Georg I. überließ, der auch nach Christians 11. Tode im Jahre 1611 Kurfürst von Sachsen wurde.

 

In diesem Jahre 1604, als das Rittergut Laußnitz in kurfürstlichen Besitz überging, hatte Laußnitz 27 Hausnummern: nämlich 16 Bauergüter mit Einschluß des Erbgerichts, 8 Gärtnerwirtschaften und 3 Häuslerwirthschaften. Höckendorf aber hatte 52 Hausnummern: nämlich 24 Bauergüter, 8 Gärtner- und 20 Häuslerwirthschaften.

Über 200 Bären in der Heide

Durch den schrecklichen 30jährigen Krieg, der von 1618 bis 1648 wüthete, waren 2 Drittheile der Einwohnerschaft Deutschlands durch Mord, Seuchen und Hunger umgekommen. Dadurch hatten sich die wilden Thiere des Waldes schrecklich vermehrt. Es wimmelte in den großen Waldungen von Wölfen, Luchsen, wilden Schweinen und Hirschen. Der Kurfürst Johann Georg I. hat in den 45 Jahren seiner Regierung - von 1611 bis 1656 - durch die großen Treibjagden, die er gehalten hat 113.481 Stück Wildpret erlegt.

 

Auch die große Laußnitzer Haide war voll von dergleichen Gethier. Darum bekamen die Laußnitzer Forstbeamten zugleich den Titel: Wildmeister. Doch wurde hier die Ausrottung der wilden Raubthiere mit Ernst betrieben, so daß im Jahre 1740 der letzte Wolf in der Laußnitzer Haide geschossen wurde. Zum Andenken an diese letzte Wolfsjagd wurde ein steinernes Denkmal errichtet. Es steht dieser steinerne Wolf an der Dresdner Straße, zwischen Laußnitz und Okrilla. Den 13. Novbr. 1823 hielt König Friedrich August der Gerechte die letzte große Parforcejagd in der Laußnitzer Haide. lm Jahre 1827 wurden die Schneißen in der Haide angelegt, und 1830 wurden in dieser Haide die letzten wilden Schweine geschossen.

Das Jagdschloss

Im Jahre 1607 ließ der Prinz Herzog Johann Georg I. die uralte Ritterburg in Laußnitz wegreißen, und erbaute dafür ein neues Jagdschloss, welches wie die alte Burg mitten im Wasser stand und zu dem nur auf der nördlichen Seite eine Brücke über das Wasser führte. Das Jagdschloss war drei Stockwerke hoch und hatte einen Thurm, dessen Fahne, die einen springenden Hirsch darstellte, 80 Ellen über dem Wasserspiegel erhaben war.

 

Die Dörfer Laußnitz, Gräfenhain, Höckendorf und Okrilla wurden nun zu einem kurfürstlichen Amte vereinigt, welches ein Amtsverwalter verwaltete, der im Jagdschlosse wohnte. Die Amtsverwalter hatten die Oekonomie des nun kurfürstlichen Kammergutes mit seinen Vorwerken in Pacht, und zahlten dafür jährlich eine gewisse Pachtsumme an den Kurfürsten. Die Einwohner der 4 Amtsdörfer mußten unentgeldlich Hof- und Frohndienste auf dem Kammergute thun und unentgeldlich Zwangsgesinde dem Kammergute liefern, wie es früher in den Ritterzeiten gewesen war. Außer diesen Frohndiensten mußten die Bauern auch noch alljährlich Zinsgetreide an das Kammergut abliefern.

Schulverbindung mit Höckendorf aufgelöst

Das erste Schulhaus

Während des 30 jährigen Krieges war der Kirchweg nach Höckendorf ganz unsicher und gefährlich, da die österreichischen Kriegshorden, die Panduren und Kroaten, im Vierhufenwalde die Kirchgänger überfielen, plünderten und mißhandelten. Darum wurde die Kirchen- und Schulverbindung mit Höckendorf ganz aufgelöst, und Laußnitz wurde nach Königsbrück eingepfarrt.

 

Auch wurde ein Schulhalter Namens Martin Arnold in Laußnitz angestellt, der 1661 starb. Seit dieser Zeit hat Laußnitz stets seine eigenen Schullehrer gehabt, obwohl kein besonderes Schulhaus da war, sondern die Schule in einem Lokale bis 1835 gehalten wurde. Zum Jahre 1828 besuchten auch die Kinder aus Glauschnitz die Laußnitzer Schule. Der Standesherr auf Königsbrück, Graf von Hohenthai, der zugleich die Herrschaft Glauschnitz besaß, erbaute im Jahre 1828 die Schule zu Stenz, und nun wurde Glauschnitz nach Stenz eingeschult, weil die Dörfer Bohra und Stenz zur Herrschaft Glauschnitz gehörten.

 

Von 1825 bis 1844 war Johann Gottfried Seiffert, gebürtig aus Großdittmannsdorf, Schullehrer in Laußnitz. Derselbe machte sich durch Gefälligkeit und Dienstwilligkeit in der Gemeinde beliebt, und seine ehemaligen Schüler redeten noch mit Achtung lange von ihm. Während seiner Amtierung wurde im Jahre 1836 auf einer Parzelle des König. Kammergutes das erste Schulhaus erbaut.

Das Kammergut zerschlagen

Die Dresdner Chaussee

Seit dem Jahre 1823 stand das schöne Laußnitzer Jagdschloß von den Landesfürsten verlassen da, denn die Könige hielten keine Jagd mehr in der Laußnitzer Haide. Im Jahre 1837 wurde das Kammergut in mehrere Hundert Parzellen zerschlagen, welche die Bewohner von Laußnitz, Stenz, Gräfenhain und Höckendorf kauften.

 

Ein großer Theil des Kammergutes wurde auch zur Fiscalischen Laußnitzer Haide geschlagen, namentlich die schönen Felder des Walperberges zu beiden Seiten der Dresdner Chaussee, vom Schloßgarten an bis an die Schneiße 16, soweit nämlich auf beiden Seiten der Straße die prächtigen Eichen stehen, die 1840 angepflanzt wurden. Hier sieht die Haide zu bei den Seiten der Chaussee wie ein königlicher Park, ja wie ein Heiligthum aus. Die Chaussee selbst wurde in den Jahren 1827 und 1828 erbaut, früher wars eine elende Straße, auf der schwer fortzukommen war.

Das Gerichtsamt Königsbrück

Im Jahre 1847 wurde auch das schöne hohe Jagdschloß zu Laußnitz, welches nur 240 Jahre gestanden hatte, weggerissen, und die Steine, Ziegel, Holz, und andere Materialien davon an die abgebrannte Stadt Königsbrück verkauft. 0h wie manches Haus in Königsbrück ist von den Steinen des Laußnitzer Schlosses erbaut!

 

Das Amt Laußnitz, welches zuletzt der Justiz-Amtmann in Radeberg mit verwaltet hatte, wurde im Jahre 1854 dem neu errichteten Königl. Gerichtsamte Königsbrück einverleibt, mit Ausnahme von Okrilla, welches dem Gerichtsamte Radeberg zugewiesen wurde. Ein solches Ende nahm die alte Herrschaft und Ritterburg Laußnitz, welche später Kgl. Kammergut und Sitz eines Amtes gewesen war.